So wollte ich niemals werden!

Zwei Gründe, warum alte Rollenbilder sich in unser Leben schleichen

Seit einigen Monate wird der Ruf laut: Mütter rutschen zunehmend mehr in alte Rollenbilder. Sie reduzieren die Arbeitszeit aufgrund erhöhter Belastung durch Homeschooling, Hausarbeit und Carearbeit. Ein Rückschritt für die Emanzipation so scheint es. Und ich finde es gar nicht gut, dass so vieles gerade auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird und diese so viele Schieflagen kompensieren dürfen.

Aber das Phänomen der alten Rollenbilder und wie sie sich in unser Leben schleichen beobachte ich nicht erst seit Corona. Vor allem beim Mamawerden erlebe ich ganz viele Frauen, die nach wenigen Monaten bemerken, so wollte ich doch niemals werden! Plötzlich wird der Job unwichtig und der Lebensschwerpunkt verlagert sich mehr und mehr in die private häusliche Gemeinschaft. Doch woher kommt das?

Aus meiner Sicht gibt es zwei Hauptgründe dafür:

Der erste liegt in der Identitätsentwicklung der Frau. Wenn Frauen Mütter werden, dann handelt sich um krasseste Persönlichkeitsentwicklung. Alles wird hinterfragt, jeder Stein umgedreht und vor allem Werte neu definiert. Wenn vorher die Arbeit an erster Stelle stand so kann es durchaus sein, dass nur nach wenigen Monaten der Job komplett hinten anstehen (darf). Das ist zum einen darin begründet, dass der Job räumlich und auch zeitlich mit Baby kaum Platz findet. Mütter verlieren regelrecht den Kontakt zur beruflichen Identität. Daher ist es so wichtig, dass Arbeitgeber und Mütter den Kontakt während der Elternzeit bewusst halten. Zum anderen umgeben sich Mütter plötzlich mit ganz anderen Menschen als vorher. Die Menschen, die ihren Job spiegeln, sitzen ja im Büro. Jetzt sind es vielmehr andere Mütter und die Gespräche drehen sich nur noch um eins: Kinder. Ganz klar, dass dann beruflichen Themen verblassen. Und zeitgleich ordnet sich das Wertegerüst der jungen Mutter nahezu unbemerkt. Zum einen weil eben besagter Kontakt fehlt und dadurch die Wichtigkeit bestimmter Werte neu definiert ist. Zum anderen aber auch durch die Menschen mit denen wir uns umgeben. Denn Werte brauchen immer die Gemeinschaft und wir als soziale Wesen nehmen daraufhin die Werte der Menschen an, mit denen wir uns umgeben. Kein Wunder also, dass Babybrei nach wenigen Monaten vor Aufsichtsratsitzung steht.

Der zweite Grund ist in unserem Unterbewusstsein begründet.

Viele Mütter berichten mir, dass sie nach kurzer Zeit mit Kind auf einmal das Leben ihrer Mutter oder Großmutter leben und dabei wollten sie nie so werden. Warum ist das so? In Stresszeiten – so oft die Anfangszeit mit Baby wenn kaum Zeit zum Duschen bleibt und frau gänzlichen ausgelastet ist mit „Überleben“ für Mutter und Kind – schaltet sich unser Unterbewusstsein ein. Unser Unterbewusstsein ist der Autopilot, der uns weiter funktionieren und stressige Phasen überstehen lässt. Das nahezu Fatale daran ist, dass das Unterbewusstsein immer auf Dinge zurückgreift, die wir in frühester Kindheit gelernt haben. Das heißt in diesem konkreten Fall, das Unterbewusstsein greift auf die Rollenbilder zurück, wie wir Frau und Mutter als Kind erlebt haben. Daher ist es sinnig sich damit auseinanderzusetzen: Welche Frauen habe ich als Kind erlebt? Welche Frauen haben mich geprägt?

Und um ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben zu führen bedeutet dies: Sind diese Rollenbilder wirklich meine? Möchte ich diese ins Leben integrieren? Oder aber sind es Dinge, die meiner Mutter, Großmutter oder Urgroßmutter gehören und dürfen nun für allemal verabschiedet werden.

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