In meinen Studien auf die Fragestellung „Was ist sinnvoll und was ist sinnlos in Ihrem Arbeitsalltag?“ antwortete mir ein junger, sehr gut qualifizierter Mitarbeiter eines großen deutschen Konzerns:
„Sinnvoll ist für mich auf jeden Fall der Speiseplan der Kantine, der im Intranet veröffentlicht ist. So kann ich mich gleich morgens informieren, was es denn mittags zu essen gibt.“
„Ah ja, das klingt einleuchtend. Sie können sich also schon drauf einstellen und müssen sich keine Gedanken mehr über das Mittagessen machen. Was erweist sich noch als sinnvoll in Ihrem Arbeitsalltag? Was macht für sie Sinn?“
„Ja und weiter sinnvoll ist auf jeden Fall die Geburtstagsliste, die ebenfalls im Intranet veröffentlicht ist.“
„Das Intranet ist für Sie also eine sinnvolle Einrichtung. Aber wieso gerade die Geburtstagsliste?“
„Die Antwort ist ganz einfach: damit ich nachsehen kann, ob jemand Geburtstag hat und folglich einer Kuchen oder ähnliches mit dabei hat. So muss ich mir nichts zum Frühstück oder nachmittags zum Kaffee besorgen.“
Reicht das schon aus, um sagen zu können, deshalb lohnt es sich jeden Tag aufzustehen und zur Arbeit zu gehen? Macht das wirklich (schon) Sinn?
Gehen Menschen immer noch deswegen gerne zur Arbeit, um sich selbst am Leben zu halten? So wäre es ja für Unternehmen reichlich einfach ihre Mitarbeiter zu motivieren. Noch vor ein paar Jahrzehnten war dies der einzige Grund um überhaupt zu arbeiten.
So denke ich, ganz verkehrt ist dieser Gedanke nicht, als Arbeitgeber stets im Auge zu behalten, dass die „niederen Bedürfnisse“ wie die Versorgung und der Lebenserhalt des Selbst und der Familie gewährleistet sind. In einem ersten Schritt zumindest. Denn schaut man sich die Maslowsche Bedürfnispyramide an, so ist die Befriedigung der niederen Bedürfnisse die Basis, auf der all die anderen Motive fußen. Das bedeutet folglich: wenn Arbeitgeber den Mitarbeitern ohne Anstrengung die Bedürfnisse dieser ersten Ebene – und dazu zähle ich jetzt nicht nur „Nahrungsbeschaffung“ sondern auch „Brutpflege“ – befriedigen, werden Mitarbeiter sich nicht mit diesen Fragen beschäftigen (müssen) und ihrer eigentlichen Tätigkeit nachgehen können. Man stellt genügend Essen und Kindertagesstätten zur Verfügung, Mitarbeiter müssen sich weder Gedanken um den Selbsterhalt noch um den ihres Nachwuchses kümmern und können sich voll und ganz auf ihre Tätigkeit konzentrieren. Das ist schon mal ein guter Anfang und macht gute Stimmung. Für einen kurzen Zeitraum zumindest.
Doch stellen Sie sich mal vor, Sie arbeiten in einem Unternehmen, in welchem für Sie und Ihren Nachwuchs gesorgt ist, würde das schon für Sie ausreichen zu sagen: „Ja, ich gehe gerne arbeiten“? Am Anfang mag das ganz verlockend klingen. Viele Unternehmen werben mit derartigen Angeboten um gute Mitarbeiter. Doch irgendwann wäre dieses Rundumsorglospaket keine Besonderheit mehr für Sie, sondern völlig normal. Sie würden sich die Frage stellen: War das alles? Soll’s das schon gewesen sein?
Brickmann & Campell (1971) bezeichnen dieses Phänomen als „hedonische Tretmühle“. Es gibt einen kurzen Impuls des Glücks und im nächsten Moment ist er auch schon wieder vorbei. Die Gehaltserhöhung, das neue Haus, die hübsche Geliebte geben uns kurzfristig ein glückliches Hochgefühl, welches jedoch sehr schnell abflaut. Dieses Hoch ist nur durch weitere intensive Glücksmomente zu halten. Was uns folglich dazu antreibt, immer wieder nach Erfolgsmomenten zu streben und uns damit in eine Tretmühle treibt. Die Frage nach dem Sinn haben wir dadurch nicht beantwortet, vielmehr mag sie uns auf Dauer rastlos und unzufrieden machen.